Neugestaltung - Demo

Demo von Ryan Neil

Veranstaltung:

Noelanders Trophy XIII - Januar 2012 in Heusden-Zolder Belgien

Simultandemo durch Ryan Neil (USA)

 

Ausgangsmaterial:

Yamadori - Pinus mugo - Bergföhre/Bergkiefer (sehr alt).

Dieser Kiefer ist bereits sehr alt, hat aber relativ wenig Nadeln. Voraussetzung für ein gutes Gelingen ist ein sehr gesunder Baum, damit dieser die Strapazen von der Neugestaltung überlebt. Dazu gehört auch eine grosse Anzahl von Nadelbüscheln.

In der Vergangenheit haben nur sehr wenige sg. Demobonsai die Neugestaltung überlebt. Die meisten Bäume sind entweder in einigen Wochen oder sogar erst nach einigen Monaten gestorben. Dies ist keine Reklame und schadet das Ansehen der Bonsaiidee.

 

Der erste Schritt ist das Freilegen des oberen Teiles des Wurzelwerkes. Entfernen von überflüssigem Totholz.

Die Formgebung wird hier noch gar nicht diskutiert. Auffallend ist auch, dass hier keine Zeichnungen gemacht worden sind, wie der Baum nach der Gestaltung aussehen könnte.

Dieser Ryan Neil hat einen erfrischenden Anpack, ist erst 30 Jahre alt und hat eine eigene Baumschule, wo auch Bonsaistudenten ausgebildet werden. Für sein Studium hat er allein schon 6 Jahre in Japan bei einem Grossmeister gelernt.

Jin- und Sharimiki Techniken. Mit Werkzeugen wie Hippe, Jin- und Spaltzange wird sehr zügig die Rinde von den toten Ästen entfernt. Hier wird nur abgestorbenes Holz bearbeitet.

Die Zeiten radikaler Einschnitten mit Motorsägen, die einigen von uns noch kennen und mitgemacht haben, ist endgültig vorbei. Es wird seriös gearbeitet, das Resultat gilt dem Erhalt des Baumes, ohne Showeinlagen.

Mit dem Dremel wird der dicke Ast bearbeitet, damit die letzten Rindenreste verschwinden. Eine Schutzbrille ist hier von Nöten. Hier merkt man schon, dieser Mann ist gut. Die Gestaltung dieses Baumes hat er bereits im Kopf, muss nicht lange nachdenken, wie es weiter gehen soll.

Erst jetzt ist es an der Zeit zu besprechen, wie es weiter gehen soll. Welches Aussehen sollte dieser Bonsai schlussendlich bekommen. Nach einigem Drehen bekommt der Baum seine Stellung und ahnt das Publikum wie das Endresultat aussehen könnte.

Ryan Neil war letztes Jahr bereits einmal in Belgien und es ist das erste mal in der Geschichte der Noelanders Trophy in Belgien, dass ein Demo-Meister ein zweites Mal kommen darf.

Vor dem Drahten werden, von Hand, teilweise die alten und abgestorbenen Nadeln entfernt. Hier muss man vorsichtig vorgehen. So viel wie möglich sollten Nadeln stehen bleiben sonst können die Äste absterben.

Die zu drahtenden Ästen werden mit in Wasser eingeweichtem Raffia- oder Naturbast fest umwickelt. Hiermit wird erreicht, dass ein Ast eine straf sitzende Bandage bekommt wie eine Stützstrumpfhose. Dies bewirkt, dass beim Biegen die innere Druckverteilung überall gleich ist und der Ast nicht so schnell bricht; eine durchaus erfolgreiche Technik für einen starren, kaum biegsamen Ast. Eine zweite Möglichkeit ist, vor dem Umwickeln mit Naturbast den Ast auf beiden Seiten mit einem Messer etwa 10-15 cm in Wachstumsrichtung einzuschneiden. Nach dem nachfolgenden Umwickeln und Drahten kann der Ast mit einer Drehbewegung in die gewünschte Stellung gebracht werden. Es ist erstaunlich, wie man mit dieser Technik einen starken Ast um 180° drehen kann.

 

Jetzt kümmert man sich um das Ausrichten der Äste mit Holzkeilen, Drahtschlingen und Spanndrahten.

Interessanterweise wird hier nicht der bei uns so populäre Aluminiumdraht sondern Kupferdraht verwendet. Die Erklärung dazu ist, dass der Kupferdraht viel stabiler ist und die starken Äste einfacher in die Form gebracht werden können und auch in dieser Form bleiben.

Spanndrähte werden eingesetzt um die Äste auszurichten. Das Ziel ist auch die Länge der Äste durch zurückbinden zu reduzieren. Weil auf der rechten Seite ein Ast fehlte, wurde kurzerhand ein aufrecht stehender Ast umgebogen, durch ein Loch zwischen zwei dicken Äste gezogen und so wunderbar mit dem bestehenden Ast eine Einheit gebildet.

Drahten und Formen. Immer wieder wurde weiter gedrahtet und geformt.

Zur Diskussion stand noch wie lange die Drähte belassen werden sollten. Hierauf wurde erklärt, dass die Drähte solange als möglich belassen werden sollten, auch wenn dies Narben nach sich zuziehen würde. Wenn man das Gefühl hat, die Drähte sollten entfernt werden, kann man getrost noch 6 Monate zuwarten.

Wichtig ist noch, dass die gedrahteten Bäume im Winter geschützt vor Kälte aufgestellt werden.

Hier wird ein Ast, der zu lang ist, nach hinten gedrückt und mit einem Knicks wieder nach vorne geholt. Durch diese Technik hat sich der Ast um die Hälfte reduziert und passt wieder im gesamten Bild. Jedes Zweiglein wird jetzt bis in den letzten Spitzen gedrahtet und bekommt seinen Platz.

Immer wieder wird der Fortschritt angeschaut und neu entschieden, wie es weitergehen soll. Hier wird nicht nach Zeichnungen gearbeitet, das Weitergehen erfolt spontan. Dieser Mann erklärt während dem Schaffen laufend welche Techniken er anwendet und auch das Warum fehlt nicht.

Es ist einen der wenigen Male, dass das gesamte Publikum sitzen geblieben und nicht eingeschlafen ist.

Die zu langen Äste werden, wenn genügend Nadelbüschel vorhanden sind, ein gekürzt oder zurückgedrahtet, damit die Länge wieder stimmt.

Das Ziel ist es, die Äste nicht als "Spaghetti" aussehen zu lassen.

Äste, die zu weit nach vorne stehen, werden mit Spanndrähten in die richtige Richtung gezwungen.

Das Resultat lässt sich allmählich sehen. Die untere Astpartie ist bereits geformt und fertig gestellt.  Auch hier wird das angewendet was viele Meister machen - von unten nach oben arbeiten.

Weiteres Drahten und Gestalten.

Der aufrecht stehende Ast wird jetzt in seine neue Position gebracht.

Mit viel Gefühl wird der Ast nach unten und nach rechts gebogen.

Tipp:
Damit der Saftstrom nicht reduziert wird, besteht die Möglichkeit der letzte aufrecht stehende Ast nicht weiter zu gestalten, sondern gerade stehen zu lassen. Dadurch entsteht eine Kapillarwirkung und der Baum kann mehr Druck aufbauen um den Wasserhaushalt aufrecht zu erhalten. Der Baum sollte nun die Möglichkeit haben, die Versorgung der herab gebogenen Äste mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Erst wenn sich herausstellt, dass der Baum sich genügend erholt hat, was ein bis zwei Jahre dauern kann, wird die letzte Astpartie zu Ende gestaltet.

 

Jedes Ästchen wird jetzt nach unten gedrahtet und in die vorgesehene Position gebracht.

Fast fertig.

Weil in der Vergangenheit so viele Bäume das Umgestalten nicht überlebt haben, hat man die Konsequenzen daraus gezogen und es wird in Belgien an dieser Demo nicht mehr gleichzeitig umgetopft. Sollte eigentlich klar sein, solche Eingriffe, die jetzt stattgefunden haben, strapazieren den Baum enorm. Dieser frisch gestaltete Bonsai muss jetzt sehr geschützt im Treibhaus aufgestellt werden und mit so viel Wasser und Dünger wie nötig versorgt werden. Auch hier werden viele Fehler gemacht, diese Pflanzen haben sehr viele Nadeln verloren, sind in alle Richtungen gedrahtet worden und können überhaupt nicht mehr die Menge an Wasser verarbeiten, die sie normalerweise verbraucht hätten. Auch hier muss man sehr vorsichtig sein.

 

Seitenansicht. Hier lässt sich die Drahttechnik sehr gut beobachten.

Das Schlussresultat, nach 4 Stunden intensiver Arbeit.

Abschluss - Diskussion

Die Fragen, wie es denn weiter geht mit dem neu gestalteten Bonsai, wie und zu welcher Zeit sollte nun umgetopft werden, lösten einige Diskussionen aus.

Ryan Neil erklärte dem sehr interessierten Publikum, wie er das in Zukunft sieht.
Als allererstes sollte sich der Baum erholen können, also kommt ein sofortiges Umtopfen nicht in Frage.

Dieses Thema wurde bereits während dieser Demo ausführlich diskutiert. An vergangene Demos war es üblich ein fertiges Resultat zu zeigen. Das Umtopfen in eine Bonsaischale war eine dazu gehörende Aufgabe. Dies resultierte in das bereits erwähnte Eingehen des frisch umgestalteten Baumes. Solcher Unsinn hat hier keinen Platz mehr.

Was jetzt möglich wäre erklärt uns Ryan Neil ist der Baum ein neues Gefäss zu geben. Das alte Gefäss wird im unteren Bereich entfernt damit der Baum im neuen Gefäss neue Wurzeln bilden kann. Dies ist dringend notwendig, weil nachher, wenn im neuen Gefäss genügend Wurzel sich entwickelt haben im obere Drittel das störende Wurzelwerk Schritt um Schritt entfernt wird. Diese Prozedure kann allerdings einige Jahre in Anspruch nehmen.

Erst wenn das Endziel erreicht ist, kann in eine "definitive" Bonsaischale umgetopft werden.  

 

 

 

Gestaltung